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ENGLISCHER BERICHT ÜBER EIN MANÖVER IN POTSDAM -: 'Prussian Manouvres Potsdam Sept. 1788. Translated from the German'. Gut lesbare, anonyme Handschrift in englischer Sprache, braune Tinte auf Papier, Wasserzeichen 'Fools Cap' und '1797', Blattgröße 32,5 x 20 cm, die einzelnen Bögen sind mit einer Fadenbindung zusammengefasst. (1) unbeschriebenes Blatt, 9 paginierte, beschriebene Seiten, 2 unbeschriebene Seiten, 5 beschriebene Seiten, (1) weißes Blatt Schlichter, marmorierter Papierumschlag mit aufgeklebtem handschriftlichem Titelschild (Umschlag berieben und mit Randläsuren), Folio.

"Manöver waren in allen stehenden Heeren Europas ein fester Bestandteil der militärischen Ausbildung. Neben den großen Manövern an denen eine Vielzahl von Einheiten teilnahm und wo das Zusammenspiel aller Waffengattungen geprobt wurde, gab es auch kleinere Revuen und Truppenschauen. Hier wurde nur eine begrenzte Zahl von Truppen, meist einzelne Regimenter besichtigt und auf die Vorführung größerer militärischer Bewegungsabläufe verzichtet. Diese Revuen dienten eher der Musterung, die über Sollstärke und Zustand der Mannschaft Auskunft geben sollte. In Preußen gab es seit der Regierungszeit König Friedrich Wilhelms I. (1713-1740) regelmäßig solche Revuen und Manöver. Das größte und wichtigste Manöver fand in Potsdam, der königlichen Residenz statt. Hier versammelten sich jedes Jahr im September ausgewählte Regimenter aus der unmittelbaren Umgebung. Dazu gehörten die Gardeeinheiten aus Potsdam und Berlin, sowie die verschiedenen Regimenter aus den umliegenden kleineren Städten. In diesen Manövern wurden taktische Bewegungsabläufe geübt und das Zusammenspiel der verbundenen Waffengattungen geprobt. Die Manöver hatten aber auch repräsentative Zwecke. Auf Einladung des Königs durften Offiziere sowohl der eigenen Armee als auch ausländische Fürsten und Militärs zuschauen, ihnen sollte, Repräsentation und Abschreckung zugleich, die militärische Schlagkraft Preußens und der gute Zustand der Truppen vorgeführt werden. Für die Durchführung dieser großen Truppenbewegungen benötigte man viel Platz, die Abgeschlossenheit von Kasernenhöfen kannte man im 18. Jahrhundert noch nicht. Die Manöver fanden vielmehr auf freien Feldern vor den Stadttoren statt. Auch unter der Regierung Friedrich Wilhelms II. (1786-1797) änderte sich an dem Verlauf oder dem Zeitpunkt des jährlichen Revue- und Manöverkalenders kaum etwas. Noch immer galt das Herbstmanöver in Potsdam, das immer vom 21. bis zum 22. September stattfand, als das wichtigste militärische Ereignis in Preußen. Und zwei Jahre nach dem Tod Friedrichs des Großen mußte die preußische Armeeführung ein besonderes Interesse daran haben, mit einer derartigen Heerschau die europäischen Nachbarn nachhaltig zu beeindrucken. Gliederung und Inhalt der Handschrift: Die Handschrift beginnt auf der ersten Seite mit der Überschrift ""Potsdam Sept. 1788."" Inhaltlich ist die Schrift in zwei größere Teile gegliedert: ""Kings's Army"" sowie ""Möllendorffs-Army"" (diese Seiten sind nicht mehr paginiert). Bei letzterer handelte es sich um die Truppen, die im Manöver dem angreifenden Corps des Königs gegengenübergestellt waren und die von dem preußischen General Wichard von Möllendorff geführt wurden, der zu diesem Zeitpunkt einer der ranghöchsten Generäle der preußischen Armee war, zudem Gouverneur von Berlin und Vizepräsident des Oberkriegskollegiums. Die zwei Teile zerfallen nochmals in drei Abschnitte, die den zeitlichen Ablauf des Manövers widerspiegeln. Der Verfasser beschreibt chronologisch gegliedert die einzelnen Bewegungen der Truppen. Wertungen oder weitergehende Beobachtungen zum Zustand der Armee oder eine fachliche Einschätzung des Geschehens findet man nicht. Er benennt einzelne Truppenteile, gibt die Anzahl der an verschiedenen Bewegungen und Angriffen beteiligten Truppen sehr genau an und liefert damit einen schlüssigen und knappen Bericht über das zweitägige Manöver. Der Entstehungshintergrund: Zum Autor oder Übersetzter dieser Schrift - auf dem Titelblatt findet sich der Hinweis, dass es sich um einen Übersetzung aus dem deutschen handelt - finden sich keine weiteren Angaben oder Hinweise im Text. Bemerkenswert ist die große inhaltliche Übereinstimmung der Handschrift mit einem 1790 im 4. Band des 'Neuen militärischen Journal' (Hannover, Hellwingsche Hofbuchhandlung, Seite 9 bis ) erschienenen Text 'Nachricht von den Herbstmanoeuvern bey Potsdam, im Jahr 1788'. So lautet der erste Satz der Handschrift: ""This Manouvre will consist in an affaire de Recontre - Both Armies will march as soon as possible - The Enemy finding his views frustrated by the movements of His Majesty's Corps, will make the concerted Retreat."", der entsprechende Satz in der gedruckten Fassung: ""Die Idee dieses Manoeuvers war eine Affaire de recontre. Beyde Corps marschiren daher so bald, als möglich auf und da das Möllendorffsche seinen Entzweck durch die Stellung und Bewegung des gegenseitigen nicht erreichen konnte, so zog sich dasselbe zurück"". (S. 9). Oder auf Seite 9 der Handschrift: ""As the Cavalry have little to do in this manoeuvre His Majesty will see them charge in Liné."", entspricht im gedruckten Text: ""Da die Cavalerie beym Manoeuvre nicht viel zu thun hat, so wollen Se. Königl. Majestät eine Linien Attaque sehen"" (S. 29). Auch der Teil über die Möllendorffschen Truppen zeigt die gleichen Übereinstimmungen: ""The Army will rendezvous tomorrow at half past 6 o'clock at the Three trees"" (erster Satz des zweiten Teils), ""Morgens um 1/2 7 Uhr ist das Rendesvous bei die 3 Bäume angezeigt worden""). Oder: ""The whole of the Army will rendezvous at half past 6 o'clock upon the plain behind the village of Borne between the great Heyneberg & the Zachlensberg, marched off from the left."" heißt im gedruckten Text: ""Um 1/2 7 Uhr steht die ganze Armee auf der Plaine hinter Borne, zwischen dem großen Heineberg und die Zachlensberge links abmarschirt."" (S. 23). Abgesehen von einigen Übersetzungsfehlern (""will march off from the left through the Newgate"" statt ""sie ist links abmarschirt und geht zum Nauenschenthore heraus"") liest sich die Handschrift wie eine Übersetzung, die einige detailliertere Passagen ausläßt. Möglicherweise gehen auch die handschriftliche englische Schilderung der Manöverabläufe und die ausführlichere gedruckte Variante auf eine gemeinsame Quelle zurück. Die unprätentiöse Gestaltung der Handschrift lässt auf eine Anfertigung für nicht offizielle Zwecke oder einen ersten Entwurf schließen. Vielleicht hat der Schreiber diese erste Fassung später noch in eine repräsentativere Form gebracht und als Bericht seinem englischsprachigen Vorgesetzten übergeben. Literatur: Jürgen Luh, Kriegskunst in Europa 1650-1800, Köln u.a. 2004. Joachim Niemeyer, Die Revue der kurhannoverschen Armee bei Bemerode 1735. Eine kulturgeschichtliche und heereskundliche Betrachtung zu einem Gemälde von J.F.Lüders, Beckum 1985. Ernst Pfeiffer, Die Revuereisen Friedrichs des Grossen. Besonders die Schlesischen nach 1763 und der Zustand Schlesiens von 1763-1786 Berlin. Curt Jany, Geschichte der Königlich Preußischen Armee bis zum Jahre 1807, 3 Bde, Berlin 1928/29. Zustand: Heftung etwas gelockert, sonst innen wohlerhalten, nahezu fleckenfrei und ungebräunt."
Preis: 1200 EUR